ASCMO-STATIC – Datenbasierte Modellierung für stationäres Verhalten

ETAS ASCMO-STATIC ermöglicht die Erstellung datenbasierter Modelle, die das stationäre Verhalten komplexer Systeme abbilden. Dabei bietet ASCMO-STATIC umfangreiche Möglichkeiten zur Visualisierung, Analyse und Optimierung des Systemverhaltens. Zusätzlich können Versuchspläne nach der DoE-Methodik (Design of Experiments) erzeugt werden.

Dabei kommen KI-Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens zum Einsatz, die es dem Anwender erlauben, komplexe Zusammenhänge präzise zu modellieren, ohne dabei genaue Kenntnisse der Algorithmen im Hintergrund zu benötigen. Aus diesem Grund wird die Software von einem breiten Anwenderkreis verwendet. Dazu zählen weniger erfahrene Anwender, die eine parameterfreie, automatisierte Modellerstellung schätzen, aber auch Experten, denen durch umfangreiche Einstellmöglichkeiten alle Freiheiten geboten werden.

Eine typische Anwendung von ASCMO-STATIC ist die Modellierung von Kraftstoffverbrauch und Schadstoffemissionen komplexer Verbrennungsmotoren in Abhängigkeit von Drehzahl, Last sowie sämtlicher motorischer Stellgrößen. Auf Basis dieser Modelle können sowohl präzise Vorhersagen getroffen als auch eine manuelle sowie automatische Optimierung durchgeführt werden. Dadurch kann der beste Kompromiss zwischen Schadstoffemissionen und Kraftstoffverbrauch sowie weiteren Randbedingungen beim Betrieb des Motors erreicht werden.

Vorteile

  • Einfache Bedienung ohne Spezialkenntnisse
  • Leistungsfähige KI-Methoden aus dem Bereich des maschinellen Lernens
  • Interaktive, grafische Darstellung mehrdimensionaler Abhängigkeiten
  • Austausch von Modellen und Daten auf Basis von Standardformaten
  • Reduktion der Modellkomplexität für zeitkritische Anwendungen wie den Einsatz in Steuergeräten
  • Leistungsfähige MATLAB®- und COM-Schnittstellen zur Integration kundenspezifischer Funktionen und Werkzeuge sowie der Kopplung mit Prüfstandsautomatisierungen

Funktionsbereiche

Raumfüllende Versuchspläne ermöglichen eine gleichmäßige Abdeckung des Versuchsraums ohne detailliertes Vorwissen des Anwenders. Berechnung von Plänen in ASCMO erfolgen online in kürzester Zeit.

Mit dem DoE-Versuchsplanungsmodul (ExpeDes) lassen sich die zugrunde liegenden Messungen auf einfache Weise planen. Mithilfe von Methoden der statistischen Versuchsplanung werden Positionen der Messpunkte, an denen die Messdaten gewonnen werden, systematisch und raumfüllend (Space-Filling) vorgeschlagen. Der Variationsbereich der zu verstellenden Parameter kann dabei grafisch oder numerisch in jeweils bis zu vier Dimensionen eingeschränkt werden. Mit einem Formeleditor ist das in beliebig vielen Dimensionen möglich.

Eine intelligente Aufteilung des Versuchsplans in Blöcke erlaubt es, den Messaufwand an die gewünschte Genauigkeit anzupassen. Des Weiteren können die Sortierreihenfolge der Messpunkte sowie eine Verdichtung der Punkte in bestimmten Regionen des Versuchsraums eingestellt werden. Anforderungen der Prüfstandsautomatisierung wie zum Beispiel die Sortierung und Anordnung von Betriebspunkten werden praxisgerecht berücksichtigt. Grafische Darstellungen der Punkte in allen Dimensionen erlauben die einfache Überprüfung und Beurteilung des DoE-Plans.

ASCMO visualisiert die Messpunkte eines Systems...

Hauptaufgabe der Modellbildung in ASCMO-STATIC ist es, eine präzise, einfache und robuste Vorhersage des Systemverhaltens zu ermöglichen. Der Einsatz der dafür benötigten modernen Modellierverfahren soll weniger erfahrenen Anwendern zugänglich gemacht werden, Experten jedoch gleichzeitig die Möglichkeit geben, Anpassungen an Modellparametern flexibel vorzunehmen. In ASCMO-STATIC werden dafür Gauß-Prozessmodelle zugrunde gelegt. Dabei handelt es sich um ein statistisches Lernverfahren anhand von Messdaten auf der Basis von Gauß-Prozessen, das sich schon oft bewährt hat. So wird die spezifische mathematische Funktion, welche das reale Systemverhalten am besten abbildet, automatisch bestimmt.

Die Erzeugung eines solchen Modells ist denkbar einfach. Nach Auswahl der relevanten Eingänge (Einflussgrößen) und Ausgänge (Zielgrößen) des Systems kann das Modelltraining direkt ohne weitere Parametrierung gestartet werden.

... und erzeugt daraus automatisch ein Modell, das die Realität möglichst genau abbildet.

Das „Trainieren“ des Modells dauert typischerweise je nach Anzahl der Messpunkte und Eingänge wenige Sekunden bis Minuten. Erfahrene Anwender haben nach der Aktivierung des „Expertenmodus“ Zugriff auf sämtliche Optionen und Parameter des Modells und können das Modelltraining so bei Bedarf gezielt beeinflussen. Die Modellgüte wird jeweils durch leicht verständliche Grafiken und Kennzahlen angezeigt.

Weitere Vorteile der Gauss-Prozess Modelle:

  • Messrauschen wird implizit berücksichtigt, sodass eine Überanpassung (Overfitting) vermieden werden kann
  • Robustheit gegenüber Messausreißern
  • Örtlich aufgelöste Modellvarianz gibt dem Anwender ein Maß für die Verlässlichkeit der Modellvorhersage

Neben dem Standard-Modellierungsverfahren stehen auch weitere Algorithmen für spezielle Aufgaben zur Verfügung. Dazu zählen Modelle zur Klassifikation und Komplexitätsreduktion. Sämtliche Modelle lassen sich auch in unterschiedlichen Formaten exportieren und außerhalb von ASCMO frei als sogenanntes Streckenmodell nutzen. Gängige Beispiele für die möglichen Formate sind Simulink, C‑Code oder auch FMU/FMI.

Als besonderes Format steht der Export für den Betrieb auf der Bosch-AMU (Hardwarebeschleuniger Advanced Modeling Unit) zur Verfügung. Die AMU ist ein spezieller Baustein auf dem Bosch Motorsteuergerät MDG1 und dient der Auswertung des dort gespeicherten ASCMO-Modells in Serienfahrzeugen.

Der Intersection Plot stellt hochdimensionale Räume in 2D-Schnitten dar. Somit werden Sie verständlich und beherrschbar für Anwender.

Eine der Standardansichten zur Visualisierung der Modelle ist der sogenannte Intersection-Plot. Diese interaktiven Schnittgrafiken ermöglichen es, mehrdimensionale Abhängigkeiten einfach zu veranschaulichen. Auf der x-Achse werden die Eingänge in das System dargestellt, auf der y-Achse die Ausgänge.

In jeder einzelnen Teilgrafik wird dabei mit der schwarzen Linie (Modellvorhersage) der Einfluss eines Eingangs (x-Achse) auf den entsprechenden Ausgang (y-Achse) dargestellt. Das reale System würde also bei der Variation des Eingangs – solange alle anderen Eingänge nicht verstellt werden – den von der schwarzen Linie gezeigten Einfluss auf den Ausgang haben. Sobald ein weiterer Eingang verstellt wird, kann sich diese Abhängigkeit verändern. Dies zeigt die Wechselwirkungen der Eingänge auf den Ausgang an. Oberhalb und unterhalb der schwarzen Linie wird auch eine rote gestrichelte Linie angezeigt, welche die Verlässlichkeit der Modellvorhersage darstellt. Je dichter sie an der schwarzen Linie entlangläuft, desto sicherer ist sich das Modell, dass die Vorhersage zuverlässig berechnet werden kann.

Neben dieser Hauptansicht in ASCMO-STATIC gibt es eine Reihe weiterer Möglichkeiten der Visualisierung der Abhängigkeiten und Einflüsse. Dazu gehört beispielsweise auch die Darstellung von Kennfeldern oder dem „Scatter-Plot“, der die Daten als Punktwolke in beliebigen Kombinationen darstellen kann.

Dem Anwender stehen damit diverse Möglichkeiten zur Verfügung, das Verhalten des modellierten Systems zu analysieren und zu visualisieren. Das erlaubt es, die Validierung oder den Aufbau von Systemverständnis auf einfache Weise, ohne weitere aufwendige Messungen, am realen System durchzuführen.

Der Scatter Plot in ASCMO stellt dar, welche Parameterkombinationen die zuvor definierten Optimierkriterien erfüllen (schwarze Punkte) und auch alle zusätzlich selektierten strengeren Kriterien (rote Punkte).

Zur Optimierung der Eingangsgrößen, mit denen zum Beispiel ein Motor angesteuert wird, können verschiedene Kriterien wie Minimierung/Maximierung, obere/untere Grenzwerte sowie Zielwerte für die Ausgangsgrößen definiert werden. Bei der Optimierung können diese Kriterien entweder gewichtet oder die vollständige Trade-off-Kurve (Pareto-Kurve) berechnet werden. Aus der Trade-off-Kurve kann der Anwender den geeigneten Kompromiss auswählen. Bei Motorapplikationen kann eine globale Optimierung im gesamten Betriebsbereich durchgeführt werden, als deren Ergebnis der Anwender eine optimale Kalibrierung der Kennfelder aller Eingangsgrößen in kürzester Zeit erhält. Die Kennfelder können dabei auch manuell verändert oder fixiert werden. Dabei sieht der Anwender die Auswirkungen seiner Änderungen auf die Ausgangswerte immer direkt. Das gilt sowohl für den einzelnen Wert am aktuellen Betriebspunkt als auch für den Summenwert bezogen auf den gesamten Fahrzyklus.

Die durch die Optimierung gewonnen Ergebnisse können in unterschiedlichen Formaten exportiert werden. Bei der Kalibrierung der Motorsteuerung sind übliche Formate DCM oder CDFX. Daneben werden auch die Excel-Formate XLS und XLSX sowie das CSV-Format unterstützt.

In ASCMO-STATIC können die Modelle als sogenanntes virtuelles Messgerät verwendet werden, um auch große Mengen von Messdaten künstlich zu erzeugen. Zu diesem Zweck können beliebige Raster für die Eingangsgrößen über Schrittweite, Schrittanzahl, freie Stützstellen entweder direkt im Werkzeug oder über den Import von Excel-Listen definiert werden. Das Modell berechnet dann für alle gewünschten Parameterkombinationen der Eingangsgrößen die zugehörigen Ausgangsgrößen. Diese künstlichen Messdaten können genau wie reale Messungen zum Beispiel vom Motorprüfstand genutzt, grafisch analysiert und für die weitere Bearbeitung in Excel als CSV-Datei exportiert werden.

Kompatibilität

ASCMO-STATIC ist offen und flexibel. Das Werkzeug unterstützt alle relevanten Datenformate, welche zum Beispiel am Prüfstand und in der Applikation verwendet werden. ASCMO-STATIC kann erstellte Modelle in verschiedenen Formaten exportieren, um sie in anderen Umgebungen zu nutzen. Mithilfe der MATLAB®-Schnittstelle lassen sich kundenspezifische Funktionen und Modelle einfach integrieren, Abläufe per Scripting automatisieren oder eine Prüfstandsautomatisierung anbinden. Der Anschluss einer Prüfstandsautomatisierung über die COM-Schnittstelle ist ebenfalls möglich.